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Public Relations – das Jahr 2013 im Überblick

Aus Kommunikationssicht war 2013 ein spannendes Jahr.  Fallende Auflagenzahlen traditioneller Medien erhöhten den Druck auf die PR, alternative Wege öffentlichkeitswirksam auszuprobieren. Mit Erfolg – die internationale Agenturszene wächst. Gleichzeitig sieht sie sich zunehmend in direkter Konkurrenz zur Werbebranche. Cannes hat dies einmal mehr verdeutlicht. Auf inhaltlicher Ebene gewinnt die Kommunikation in sozialen Medien zunehmend an Relevanz. “Always on”-Ansätze münden in Real-Time Kommunikation. Auf personeller Ebene betraten  Social CEOs die Bühne der Aufmerksamkeit. Rampenlicht war jedoch auch dem PR-Nachwuchs gewiss. So feierte die Initiative #30u30 einen erfolgreichen Start und legte den Grundstein für eine Auseinandersetzung mit Motivationsfaktoren, Ausbildungsversäumnissen und Gehaltsstrukturen. Wie gesagt: 2013 bot einiges an interessanten Entwicklungen.

Auf der Suche nach der Zeitung von morgen

Die Gesamtverkäufe im IVW-Jahresvergleich für alle Printgattungen: Rückläufig. Nach der Einstellung der “Financial Times Deutschland” meldete 2013 die Frankfurter Rundschau Insolvenz an. Die Nachrichtenagentur dapd stellte den Betrieb ein. Renommierte Journalisten kehren gestandenen Zeitungen den Rücken zu.

“Stirbt die Zeitung? Wenn ja,  warum verlieren sie so viele Leser? Frisst Online Print? Was tun gegen die Leserflucht? ” fragte DER SPIEGEL diesen Spätsommer und brachte eine lösungsorientierte und hoch interessante Debatte mit Lesern und zentralen Medienmachern Deutschlands auf die Agenda – mit interessantem Ergebnis.

Dirk von Gehlen, Leiter Social Media/Innovation bei der Süddeutsche Zeitung, reicht bereits ein Blick nach UK zum Guardian, um mehr über die “Zeitung von morgen” zu erfahren. Allerdings liegen auch hier die Finanzen im Argen. Möglicherweise wird trotz allen Zuspruchs für Zeitungen die Vision des Washington Post-Käufers und Amazon-Gründers Jeff Bezos Wirklichkeit. Er ist überzeugt, dass gedruckte Tageszeitungen in zwanzig Jahren nicht mehr normal sein werden. Daraus ein Ende des Journalismus ableiten? Weit gefehlt. Journalismus wird sich verändern, sich neuen Facetten und Trends in der Nachrichtenaufbereitung zuwenden. Dies wiederum wird auch Veränderungsprozesse in der PR zur Folge haben.

PR im Wandel

So ist simultan zu dieser Debatte auch ein Umdenken in der PR-Branche zu beobachten. Die Zeichen stehen auf Wandel. Diskutiert werden Embedded PR Ansätze, Brand Journalism und Real-Time- sowie Content Marketing. Individuelle Inhalte werden digital aufbereitet und Pressereisen sind 2013 kein Selbstläufer mehr. Neben traditionell verdienter medialer Berichterstattung rücken eigene Kanäle sowie cross-medial ausgerichtete Kampagnen mit teilbaren Inhalten zunehmend in den Fokus – was die Abgrenzung zu Werbung und Marketing verschwimmen lässt. Denn: Durch die Auseinandersetzung mit neuen Wegen, Inhalte öffentlichkeitswirksam umzusetzen, wird zunehmend das Kompetenzfeld der Werbebranche beschnitten. Oder verlorenes Terrain zurück erkämpft?

“Die Überlappungen zwischen den Disziplinen nehmen zu. Auch Werbe-Agenturen bauen längst Redaktionsstäbe auf”, so Stephan Vogel, ADC-Präsident und Geschäftsführer, Kreation bei Ogilvy & Mather, im Kurzinterview mit PR Report. Und weiter:

“Kundenbeziehungsmanagement wird zu einer wichtigen Waffe für Marken in der Zukunft. In dem Kontext werden klassisches Advertising, PR und Dialog-Marketing ohnehin zusammenwachsen” – Stephan Vogel.

So verwundert es kaum, dass sowohl beim ADC als auch bei den Cannes Lions seit geraumer Zeit Einreichungen für PR-Kategorien angenommen werden – größtenteils  kommen die allerdings von Werbern. 2012 stammten 85% aller Shortlist-Platzierungen bei den PR-Lions von Unternehmen, die sich nicht als PR- Agenturen bezeichnen. Mit Ausnahme von Ketchum Pleon konnten aus Deutschland bislang nur Werbeagenturen einen der begehrten Löwen mit nach Hause nehmen.

Kampflos geschlagen geben möchte sich die PR-Zunft jedoch nicht – und zeigt sich zunehmend angriffslustig:

Wirft man einen Blick auf die Kampagnen der Löwen-Abräumer, so sind es meistens herausragende Kampagnen, die Botschaften auf brilliante Weise kreativ und öffentlichkeitswirksam transportieren sowie Anschlusskommunikation forcieren – unabhängig von ihrem Kanal.

Dass sich die “Public Relevance” unter die Erfolgskriterien einer Awardhonorierung geschlichen hat, wird vor allem ein Umdenken in der Werbung zufolge haben. Das Ende der Werbung, wie wir sie kennen, zeichnet sich bereits ab, findet Rei Inamoto, Vice President und Chief Creative Officer bei AKQA. Liest man sich seine Richtlinien für die Zukunft der Werbung durch, so werden die Überschneidungen zur PR nochmals deutlicher – Vernetzung, Dialogorientierung, Always on, … Das zeigt auch, dass Werbeagenturen inzwischen die Bereiche Shared Media und Earned Media als genauso selbstverständlich ansehen wie Paid Media. Und der Wettbewerb wird zunehmend nicht nur bei Awards, sondern auch auf inhaltlicher Ebene im direkten Wettbewerb um die Gunst der Kunden und Verbraucher ausgetragen werden.

PR Trend: It’s all about Content

Apropos Inhalte – Ohne Zweifel war Content-Marketing in Marketing und Kommunikation das Buzzword des Jahres. Für PRler dürfte die Produktion dauerhaft hochwertigen Contents normalerweise einem Heimspiel gleichen. Ging es nicht schon immer um die Produktion und Verwertung wertiger Inhalte? In der PR sicherlich. Im Marketing hat sich diese Einsicht erst über die letzten Jahre herauskristallisiert. Es verwundert daher nicht, dass Content-Marketing zum wichtigsten Online-Marketing-Trend deklariert wurde. Melanie Hessler, Inhaberin der PR-Agentur PR MarCom, fehlt es hier an Neuigkeiten. So beanstandet sie im PR-Blogger in Richtung Werbung:

„Content is King“. Ich kann es nicht mehr hören! Denn das war schon immer so. Auch als PR-Agenturen noch Pressemeldungen auf Papier versendeten, waren pfiffige Überschriften und tolle Stories dahinter. Anders ging es gar nicht. Früher nicht und jetzt auch nicht.

Fakt ist: Der Verbraucher ist zunehmend genervt von zu allgemeinen Marketing. Er will gut erzählte, diskussionswürdige Inhalte, möchte informiert und inspiriert werden und zwar am besten dort, wo er sich selbst am liebsten aufhält, sei es auf Youtube, Facebook oder Twitter, vor einer Zeitung, auf Blogs, Instagram, Pinterest, vorm Radio oder Fernsehen, …

Das Ende der PR, wie wir sie kannten?

Lineare Markenkommunikation hat ausgedient. Kampagnen berücksichtigen zunehmend die nahtlose Integration verschiedener Kommunikationskanäle. Das äußert sich beispielsweise in Newsrooms, die die Kommunikation über ein Unternehmen aus verschiedenen Kanälen aggregieren und dadurch Überblick verschaffen. Heute ist es der ganzheitliche Ansatz, der den Unterschied macht . Ob Earned, Paid, Owned oder Shared – eine Kampagne sollte in jedem Bereich funktionieren.

Es ist das Ende der PR, wie wir sie lange kannten. Es ist das Ende der PR, die sich auf Earned Media konzentriert. Es ist der Grund für die Einbindung der Bereiche Paid, Owned und Shared ins Leistungsportfolio und deren Verknüpfung innerhalb ganzheitlicher Kampagnen sowie der Grund für Agenturen wie GolinHarris und Edelman, sich neu aufzustellen. Mit Erfolg etabliert(e) man hier Geschäftsmodelle, die der Digitalisierung durch optimierte Prozesse und spezialisierte Teams Rechnung tragen.

Subjektiv war sowohl agenturseitig als auch unternehmensseitig eine Professionalisierung der Einbindung von Social Media in die Kommunikation zu beobachten. Vodafone spannte die Mitarbeiter via Twitter ein, mancherorts entwickelt sich der Kundenservice langsam weg vom Call Center hin zum Social Media Support und und auch in der Events-Branche ist ein verstärkter Einsatz von Social-Media-Marketing erkennbar.

Der Social CEO

Zudem ist 2013 der Social CEO ins Rampenlicht getreten. Während sich weltweit in den letzten zwei Jahren die Social Media Präsenz der CEOs von den 50 weltgrößten Konzernen fast verdoppelt hat, sind in Deutschland CEO-Twitterer bislang eher eine Rarirät. Glaubt man Studien und Kommunikationsspezialisten, so tragen CEOs, die sich aktiv in Social Media engagieren, zu einer besseren Unternehmensreputation bei. So wird auch der erfolgreiche Startschuss des Twitter-Accounts von Karl-Thomas Neumann, Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG,  durchweg positiv aufgenommen.

Kommunikation muss messbarer werden

Bleiben wir kurz beim Thema Erfolg: Auch die Erfolgsmessung und Evaluierung von Kommunikation gewann 2013 an Bedeutung. So machte sich der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) Anfang des Jahres für branchenübergreifende Standards beim Social-Media-Monitoring stark. Allerdings hadern einige Unternehmen immer noch mit der Erfolgsmessung.

Das spiegelt auch die Wahrnehmung von Birgit Krüger, Präsidiumsmitglied der GPRA, wieder. Ihrer Meinung nach ist Kommunikationscontrolling immer noch ein ungeliebtes Thema in der Branche, obwohl die Systematisierung und Steuerung von Kommunikation auf Basis messbarer Ziele vielversprechend ist. Daher plädiert sie dafür, die theorielastige, komplexe Materie endlich in die Praxistauglichkeit zu überführen.

veni, vidi, vici 2.0

Social Media Plattformen und Social Listening Tools könnten diese Entwicklung beschleunigen, liegt doch in der intelligenten Auswertung von Daten und Ableitung in Insights für die Kommunikation ein fruchtbares Feld, um Markenbotschaften erfolgreich zu transportieren.

Today, public relations is at the forefront of fast, cost-effective strategies for measuring the business impact of campaigns, the changes in stakeholder attitudes and behaviors that happen when you do it right. – Greg Shandi, GolinHarris

Wie erfolgsversprechend Monitoring auf den Unternehmenserfolg einzahlen kann, stellte unter anderem Cisco unter Beweis, die laut einer Salesforce Fallstudie mittels Radian6 und Social Media Engagement einen ROI von 281% erzielten.

Der gezielte Einatz geballter “Monitoring-Power” war unter anderem auf der Cisco Live zu beobachten, zu der das Social Media Team gezielt die Kommunikation in sozialen Medien beobachtete, sich mit Influencern vernetzte und den Dialog mit der Marke förderte. Aktives Monitoring begünstigt das Aufspüren von Thementrends.

Power out? No problem.

Durch Social Media erfolgt das Teilen von Informationen heutzutage innerhalb von Sekunden, nicht Minuten. Das ist besonders deutlich zu spüren bei Live-Events. Hier erfordert das Kommunizieren und Interagieren mit Zielgruppen ein hohes Maß an Reaktionsschnelligkeit – und bringt den Trend der “Real-Time-Kommunikation” auf das Radar der Kommunikatoren. Wie Echtzeit-Kommunikation einschlagen kann, bewies Oreo im Februar beim Super Bowl.

Neben einer ausgereiften Content-Strategie und Voraus-Planung sind dafür allerdings auch Content-Spezialisten gefordert, die Thementrends antizipieren und in punktgenaue Markenbotschaften übersetzen können. Auch über Social Media hinaus:

Nachwuchs

All diese Trends zeigen auf, wie sich PR im Laufe der Zeit wandelt, sich der zunehmenden Komplexität und auch Schnelligkeit von Informationswegen anpasst. Zentral für diese Entwicklung wird in meinen Augen ein starker Nachwuchs sein, der imstande ist, diese Trends zu antizipieren und Antworten darauf zu haben. Talente, die es vermögen, komplexe Informationen visuell ansprechend zu inszenieren, Markenbotschaften öffentlichkeitswirksam und verlässlich zu transportieren, sicher beraten können und nicht vor sich verändernden Strukturen und Herausforderungen zurückschrecken.

Kurz gesagt: Die PR braucht mehr Geeks – ruhig auch aus benachbarten Disziplinen wie Journalismus, Werbung oder Marktforschung – und sollte diesen ein attraktives Arbeitsumfeld bieten. Denn: Um Content-Spezialisten, Querdenker und Datenanalysten zu recruitieren bzw. zu halten, muss man als Arbeitgeber punkten. Während im Agenturbereich Fink & Fuchs sowie Edelman auf diesem Feld ihre Hausaufgaben gemacht zu haben scheinen, gibt es an vielen Stellen noch Nachholbedarf.

Umso erfreulicher, dass das Thema Nachwuchsförderung über Agenturen und Arbeitgeber hinaus mit der Initiative #30u30 an Stellenwert gewonnen hat. Diese soll jungen, engagierten Nachwuchskräften unter 30 Jahren in der PR- und Kommunikationsbranche eine breite Bühne geben. Nominiert werden die Talente aus der Branche selbst, über Unternehmens- und Agenturgrenzen hinweg, von CEOs, Kommunikationschefs, Teamleitern und Studienkollegen. Schlussendlich ausgewählt wiederum von der PR Report Redaktion. Premiere feierte die Initiative Anfang 2013, das Fazit: “Diese Vielfalt ist beeindruckend“.

Grund genug, mit #30u30 in die zweite Runde zu starten und hier kommen wir schlussendlich zu meinem ganz persönlichen Highlight: Meine Nominierung in die #30u30-Crew 2014, pünktlich vor Weihnachten verkündet.

30u30

All diese Entwicklungen sind nicht nur spannend, in meinen Augen macht die PR große Schritte in die richtige Richtung, zeigt sich angriffslustig in Cannes, erobert neue Geschäftsfelder, investiert in den Nachwuchs und auch die Zahlen standen 2013 auf Wachstum. Grund genug für die Branche, optimistisch in die Zukunft zu blicken.

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