krisenkommunikation-statusquo

Krisenkommunikation. Status quo

„Crises can create threats to public safety, environmental wellness, and organizational survival“ (Coombs, 2010a: 21).

Darin liegt wohl der Grund, weshalb Krisen und der Versuch, ihnen entgegen zu treten, so häufig in den letzten Jahren sowohl in der Wirtschaft als auch in der Forschung thematisiert werden. Vielen Forschern zufolge liegt das Initialereignis für fundierte, wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Phänomen Krisenkommunikation im Skandal um vergiftete Tylenol-Kapseln aus dem Jahr 1982. Johnson & Johnson, die von der Krise betroffene Organisation, konnte damals ohne Krisenmanagementplan durch kommunikative Anstrengungen den Schaden weitestgehend eindämmen (vgl. Mitroff et al., 1996: 44). 28 Jahre sind seither vergangen und im Feld der Krisenkommunikation hat sich viel verändert. Im 21. Jahrhundert sehen wir uns einer Vielzahl an Theorien und Konzepten gegenüber, die sich einzig und allein mit Krisen auseinandersetzen. Stellt sich die Frage: Wie verhält es sich mit dem Status quo der Krisenkommunikation?

1. Management und Kommunikation bedingen sich gegenseitig, dies gilt sowohl im Allgemeinen als auch für Krisen im Speziellen. Daher wird das Forschungsfeld der Organisationskommunikation (im Bereich der Krisenkommunikation) weiter wachsen. Der Praxis kann durch dieses Forschungsgebiet ein tiefgreifendes Verständnis von organisationalen Prozessen auf den Weg gegeben werden, welches dieses interdependente Verhältnis zwischen Organisation, Management und Kommunikation adäquat darzustellen und zu erklären vermag.

2. Die gewonnenen Erkenntnisse im Feld der Organisationskommunikation ändern zudem unseren Blick auf Krisen. Wurden Krisen bislang in erster Linie als schlechte Nachrichten aufgefasst, so wird in den neueren Ansätzen der Organisationskommunikation das Phänomen Krise vielmehr im Kern “angepackt” und unter dem Gesichtspunkt systemischer Bedingungen analysiert.

3. Die Definitionsarbeit ist demnach noch lange nicht abgeschlossen. Je mehr wir in die Materie eintauchen, die Gründe von Krisen beleuchten und(!) verstehen sowie interdisziplinäre Brücken zwischen verschiedenen Forschungsrichtungen schlagen, desto besser können wir vorhande Definitionen verfeinern und damit auf eine neue Qualitätsstufe heben.

4. Krisen, Risiken und Issues (Issues Management) sind nicht unabhängig voneinander zu denken und daher nicht trennscharf voneinander abzugrenzen. So geht es im Krisenmanagement mitunter darum, relevante Themen [Issues] einer Organisation zu identifizieren und deren Lösung bzw. die Kommunikation über diese Themen zu beeinflussen (vgl. Coombs, 2010b: 54). Hingegen geht es im Risikomanagement darum, Aktivitäten zur Minimierung und Bewältigung von Risiken intern, wie auch in der Umwelt von Organisationen zu unternehmen (vgl. Hribal, 1999: 145f.).

5. Eine Einteilung in drei Phasen (vor, während und nach der Krise) kann erheblich dazu beitragen, die bereits erfolgten Einzelfallstudien, Theorien, und Forschungsansätze zu systematisieren.

6. Mit der Globalisierung bekommen auch Krisen einen internationaleren Charakter. Dies hat unmittelbar eine steigende Komplexität hinsichtlich ihrer Bewältigung zur Folge.

“Differences in culture, media systems, and legal systems complicate crisis communication as it becomes international” (Coombs, 2008: 287)

7. Theorien wie die Attribution Theory, Situational Crisis Communication Theory, Image Restoration Theory, Rhetoric of Renewal und Corporate Apologia haben gemeinsame Bestandteile. Eine solche gemeinsame Basis ermöglicht es uns eventuell, die Kernelemente zu einer großen, umfassenden Theorie zusammen zu fassen, die weniger lösungsorientiert und vielmehr problem- und komplexitätsorientiert ist. Erst durch eine gezielte Analyse der Kommunikation an sich kann Klarheit und Erkenntnisfortschritt in Hinblick auf Krisen möglich werden und somit der Weg für geeignete Lösungsstrategien beschritten werden.

8. Krisenmanagement und Krisenkommunikation sind im Vergleich zu anderen Wissenschaften eher junge Disziplinen und stecken forschungstechnisch demnach in den Kinderschuhen. Es gilt also noch viel Forschungsarbeit auf diesem Gebiet zu leisten.

Quellen:

  • Coombs, W. T. (2008): The Future of Crisis Communication from an International Perspective. In: Nolting, T. & Thießen, A.: Krisenmanagement in der Medienge-sellschaft Potenziale und Perspektiven der Krisenkommunikation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 275–288.
  • Coombs, W. T. (2010a): Parameters for Crisis Communication. In: W. T. Coombs & S. J Holladay (Hg.): The Handbook of Crisis Communication. Chichester: Wiley-Blackwell, S. 17–53.
  • Coombs, W. T. (2010b): Crisis communication and Its Allied Fields. In: W. T. Coombs & S: J.Holladay, S. J. (Hg.): The Handbook of Crisis Communication. Chichester: Wiley-Blackwell, S. 54–64.
  • Hribal, L. (1999): Public Relations-Kultur und Risikokommunikation. Organisati-onskommunikation als Schadensbegrenzung. Konstanz: UVK-Medien.
  • Mitroff, I. I.; Harrington K. & Gai, E. (1996): Thinking About the Unthinkable. In: Across the Board, 33(8), S. 44–48.

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